Anerkennung von ausländischen Berufsqualifikationen als Eintrittskarte in den deutschen Arbeitsmarkt
Chancen durch Anerkennung
18.01.2018 - Für eine erfolgreiche Integration in den deutschen Arbeitsmarkt ist die Anerkennung von ausländischen Berufsqualifikationen von hoher Bedeutung. In Deutschland leben aktuell über 12,7 Millionen zugewanderte Menschen. Ein großer Teil dieser Personen hat einen berufsqualifizierenden Abschluss in ihrem Herkunftsland erworben. Bei den reglementierten Berufen (z. B. Ärzte oder Krankenpfleger) ist eine volle Gleichwertigkeit des ausländischen Berufsabschlusses Voraussetzung für die Berufsausübung. Die Anerkennung ist aber auch dann wichtig, wenn sie nicht verpflichtend ist (wie bei den nicht-reglementierten Berufen, z. B. im Handwerksbereich), weil sie ein klares Signal an den Arbeitgeber sendet. Dieser hat damit ein aussagekräftiges Bild über die erlernten Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse seiner künftigen Fachkraft. Die Feststellung der Gleichwertigkeit der ausländischen Berufsqualifikation zum deutschen Referenzberuf ist auch wichtig, weil sie etwaige Bedarfe der Nachqualifizierung aufdeckt. Maßnahmen zur Weiterbildung können dann passgenauer bestimmt werden. Während Bürgerinnen und Bürger aus der EU Niederlassungsfreiheit genießen, ist für Personen aus den sog. Drittstaaten, die für die Arbeitsaufnahme nach Deutschland kommen wollen, die Feststellung der vollen Gleichwertigkeit des ausländischen Berufsabschlusses sogar eine der Voraussetzungen für die Erteilung des Visums. Dies gilt unabhängig davon, ob der in Zukunft ausgeübte Beruf zu den reglementierten oder nicht reglementierten Berufen zählt.
Die Beratungsangebote – online, in der Region und im Ausland
Antragsteller und Unternehmen werden bei der Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen durch zahlreiche Stellen im In- und Ausland informiert und unterstützt:
- Anerkennung in Deutschland: Der „Anerkennungs-Finder“ des Anerkennungsportals (11 Sprachversionen) unterstützt Fachkräfte bei der Suche nach der für ihre Antragstellung zuständigen Stelle.
- Netzwerk IQ: 100 Beratungsstellen und mehr als 50 mobile Beratungsangebote helfen Menschen mit Migrationshintergrund vor Ort kostenfrei bei der Anerkennung von Berufsabschlüssen und beim Berufseinstieg.
- ProRecognition: Spezielle Beratungsstellen in den deutschen Auslandshandelskammer und Delegationen der deutschen Wirtschaft unterstützen bei der Anerkennung der Berufsqualifikation im Ausland. Dieses besondere Angebot besteht in den Ländern Ägypten, China, Indien, Iran, Italien, Marokko, Polen und Vietnam.
- BQ-Portal: Hier erhalten die zuständigen Stellen im Anerkennungsverfahren und Unternehmen Unterstützung bei der Beurteilung ausländischer Berufsqualifikationen. Neben aktuell 84 Länderprofilen zu ausländischen Berufsbildungssystemen (ganz neu: Kenia) sind zurzeit über 2900 Berufsprofile hinterlegt.
Anerkannt als Fachkraft von morgen
Von April 2012 bis Ende 2016 wurden insgesamt über 86.500 Anträge auf Anerkennung einer im Ausland erworbenen Berufsqualifikation gestellt, deren Referenzberufe in die Zuständigkeit des Bundes fielen. In diesem Zeitraum ist die jährliche Anzahl der Neuanträge durchweg gestiegen – von knapp 11.000 im Jahr 2012 bis hin zu etwa 23.000 im Jahr 2016. Dabei stellten die reglementierten Berufe rund drei Viertel aller Anträge dar. Die häufigsten Referenzberufe waren 2016 erneut die Berufe aus dem Gesundheits- und Pflegebereich: Allein die Neuanträge für den Beruf Gesundheits- und Krankenpflegerin bzw. - pfleger sowie Ärztin und Arzt machten rund 58 Prozent aller Anträge aus. Weitere Referenzberufe waren u. a. Physiotherapeutin und –therapeut, Zahnärztin bzw.- arzt, Kauffrau bzw. - mann für Büromanagement sowie Elektronikerin und Elektroniker. Die häufigsten Staaten, in denen die Antragstellenden ihre Berufsqualifikationen erworben haben waren Rumänien, Polen, Bosnien und Herzegowina sowie Syrien und Serbien.
Erstmals seit Inkrafttreten des Anerkennungsgesetzes wurden im Jahr 2016 mehr als die Hälfte der Anträge (54,2 Prozent) von Personen gestellt, die ihre Ausbildung in einem Drittstaat absolviert haben. 45,7 Prozent der Anträge kamen aus der EU, dem EWR oder der Schweiz. Bei Abschlüssen aus Drittstaaten wurden 55,5 Prozent der beschiedenen Verfahren in 2016 mit einer vollen Gleichwertigkeit, 9 Prozent mit einer teilweisen und 3 Prozent mit keiner Gleichwertigkeit abgeschlossen. Bei Abschlüssen aus der EU, dem EWR oder der Schweiz lag der Anteil der vollen Gleichwertigkeit sogar bei 78 Prozent – der teilweisen bei 11,2 Prozent. 3,8 Prozent der Anträge endeten ohne Gleichwertigkeit. Bei Abschlüssen aus Drittstaaten war der Anteil der Bescheide mit der Auflage einer Ausgleichsmaßnahmen, beispielsweise in Form einer Nachqualifizierung, mit rund 32,5 Prozent deutlich höher als bei Abschlüssen aus der EU, dem EWR oder der Schweiz (7 Prozent)1.
Aktuelle Gesetzeslage
Aufgrund des demografischen Wandels ist die Ausnutzung der Potenziale, welche die qualifizierte Zuwanderung bietet, von hoher Bedeutung. Seit Inkrafttreten des Anerkennungsgesetzes2 am 1. April 2012, hat jede Person, die darlegt, in Deutschland eine ihrer Berufsqualifikation entsprechende Erwerbstätigkeit ausüben zu wollen, einen Rechtsanspruch darauf, dass die Gleichwertigkeit ihrer Auslandsqualifikationen mit einer deutschen Referenzausbildung geprüft wird. Dies gilt unabhängig von Staatsangehörigkeit und Aufenthaltsstatus. Der Rechtsanspruch besteht für reglementierte und nicht-reglementierte Berufe gleichermaßen. Das Verfahren muss innerhalb von drei Monaten nach Eingang der vollständigen Unterlagen abgeschlossen sein.
Um die Zuwanderung von Fachkräften in den Engpassberufen, insbesondere in der Krankenpflege, zu erleichtern, trat im Jahr 2015 ergänzend zu den Neuregelungen des Anerkennungsgesetzes und der Beschäftigungsverordnung der § 17a Aufenthaltsgesetz (AufenthG) in Kraft, der einen weiteren Aufenthaltstitel schafft. Demnach können Drittstaatenangehörige, deren formale Qualifikation für eine Gleichwertigkeit nicht ausreicht, dennoch für maximal 18 Monate nach Deutschland einreisen, um sich fehlende Qualifikationen durch Weiterbildungen anzueignen. Der neue Aufenthaltstitel umfasst alle Bildungsmaßnahmen, die im Kontext eines Anerkennungsverfahrens in Frage kommen, z.B. Anpassungslehrgänge, Vorbereitungskurse auf Prüfungen, Sprachkurse oder betriebliche Weiterbildungen. § 17a AufenthG berechtigt außerdem zur Einreise zwecks Absolvierung einer Kenntnisstandprüfung sowie zur Arbeitsplatzsuche im Anschluss an die Bildungsmaßnahmen.
Quellen:
(1): Auswertung der amtlichen Statistik zum Anerkennungsgesetz des Bundes für 2016
(2): Gesetz zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen
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