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Die Verwaltungspraxis der Blauen Karte EU – Erfahrungen aus der Ausländerbehörde München

30.01.2019 - Die Blaue Karte EU ist ein attraktiver Aufenthaltstitel für Zuwanderer aus den sogenannten Drittstaaten geworden, zeigt ein aktueller Bericht vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Mit diesem Aufenthaltstitel konnten bereits viele hochqualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland in Deutschland eine Beschäftigung aufnehmen. Um den stark wachsenden Zuzug von Migranten zu betreuen, haben viele Ausländerbehörden in Deutschlands Großstädten Service-Center für internationale Fachkräfte gegründet, die für die Vergabe von Aufenthaltstiteln speziell im hochqualifizierten Bereich zuständig sind. So wurde in München das Service-Center für internationale Fach- und Führungskräfte als ein Teilbereich der Ausländerbehörde der Landeshauptstadt München zum 01.10.2013 ins Leben gerufen. Nun teilt Sabine Ufholz, aus der Abteilung für Ausländerangelegenheiten im Service-Center, ihre bisherigen Erfahrungen bei der Vergabe der Blauen Karte EU.

1. Wie viele Blaue Karten sind im Jahr 2017 von der Ausländerbehörde München erteilt worden? Aus welchen Ländern kamen die Antragsteller (Top 5) – und welche Berufsgruppen waren die häufigsten?

Die Landeshauptstadt München hat im Jahr 2017 insgesamt 2.169 Blaue Karten EU erteilt. Hierbei sind 1.616 der Personen in Mangelberufen tätig und 553 Blaue Karten EU wurden aufgrund Regelgehaltes erteilt. Im gleichen Zeitraum wurden bei den Mangelberufen 580 Blaue Karten EU und bei den Regelberufen 265 verlängert. Die meisten Antragsteller kamen aus Indien, China, Russland, USA und der Ukraine (Top 5). Die häufigste Berufsgruppe findet sich im IT-Bereich.

2. Einem Bericht zufolge leben viele Blaue Karte-Inhaber bei der Erstantragstellung bereits in Deutschland. Wie ist denn Ihre Erfahrung in München?

Unserer Erfahrung nach, kommen die meisten Blaue Karte-Inhaber aus dem Ausland. München hat zwar auch Universitäten, von welchen hochqualifiziertes Personal nach Abschluss rekrutiert wird, aber die Einreisezahlen für hochqualifizierte Beschäftigung aus dem Ausland nach München sprechen für sich: Das Service-Center der Landeshauptstadt München hatte im Jahr 2017 insgesamt 4107 Visavorgänge. Davon waren 1061 Blaue Karten, 1393 Anträge auf Familiennachzug und 1615 Anträge zur qualifizierten Beschäftigung nach § 18 oder zur Arbeitsplatzsuche.

3. Wie funktioniert das Verfahren zur Erteilung der Blauen Karte bei Ihnen? Welche Behörden sind in der Regel beteiligt?

Im Rahmen der Ersteinreise obliegt die Vorprüfung der Blauen Karte EU den Auslandsvertretungen. Im Bereich der Mangelberufe mit niedrigerem Gehalt ist aber auch die Bundesagentur für Arbeit beteiligt. 

Nach Visumserteilung und Einreise sowie Wohnsitznahme in München, verbleibt hier noch die Ersterteilung. Dies wird bei uns üblicherweise im Rahmen eines Termins gemacht. Die Kunden melden sich bei uns per E-Mail oder buchen sich selbst online einen Termin für eine Blaue Karte EU. In vielen Fällen werden die Kunden von einem Relocationservice betreut, der hier vor Ort rechtzeitig Termine bucht. Sofern eine Einreise ohne Visum erfolgt, übernimmt die Ausländerbehörde München bei Bedarf die Einschaltung der Bundesagentur für Arbeit hier vor Ort.

Eine weitere beteiligte Behörde – außer der Bundesagentur für Arbeit – ist die Meldebehörde, bei der der Wohnsitz angemeldet wird. Damit wird die örtliche Zuständigkeit der Ausländerbehörde begründet sowie in Einzelfällen die entsprechende Anerkennungsstelle für ausländische Qualifikationen bzw. die Kultusministerkonferenz, sofern Probleme bezüglich der ausländischen Abschlüsse auftreten. 

München hat eine Anerkennungsstelle innerhalb der Stadtverwaltung, mit der das Service-Center für internationale Fachkräfte in intensivem Austausch steht und daher die meisten Fälle unproblematisch zeitnah lösen kann.

4. Was passiert mit dem Blaue Karte-Inhaber, wenn der Job aufgrund dessen die Blaue Karte erteilt wurde, gekündigt wird?

Bei Verlust des Jobs wird die Blaue Karte EU verwaltungsrechtlich befristet. In dem Zusammenhang muss ggf. auch eine Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit eingeholt werden. Danach kann nach § 18c AufenthG für maximal ein halbes Jahr ein Aufenthaltstitel zur Arbeitsplatzsuche ausgestellt werden. Innerhalb dieses Zeitraums muss die ausländische Fachkraft eine neue studienadäquate Beschäftigung finden – was im Normalfall auch problemlos gelingt.

Sobald die Fachkraft eine Beschäftigung gefunden hat, spricht sie mit dem neuen Vertrag bei uns vor und erhält dann wieder einen Titel zur Beschäftigung.

5. Für die Blaue Karte EU gelten spezielle Erteilungsvoraussetzungen, z.B. das Mindestgehalt. Welche Möglichkeiten hat ein Blaue Karte-Inhaber, der mit einem Jobwechsel die erforderliche Gehaltsgrenze nicht mehr erreicht?

In diesen Fällen bestünde noch die Möglichkeit, ggf. im Benehmen mit der Bundesagentur für Arbeit, festzustellen, ob es sich um eine studienangemessene Beschäftigung handelt, für die ein Aufenthaltstitel nach § 18 Abs. 4 AufenthG in Verbindung mit dem passenden Paragraphen der Beschäftigungsverordnung erteilt werden kann. Es ist nicht erforderlich, dass der Antragsteller hierfür ausreist, die Prüfung findet vor Ort statt.

 

Info-Box

Im Service-Center der Landeshauptstadt München werden durch 19 Mitarbeitende alle Kunden im hochqualifizierten Bereich betreut. Insgesamt beläuft sich der dort zu betreuende Personenkreis auf etwa 15.000 Personen. Hierzu gehören neben den Inhabern der Blauen Karte EU auch Hochqualifizierte, die im Rahmen eines Aufenthaltstitels nach § 18 Abs. 4 AufenthG in Deutschland beschäftigt sind sowie die Familienangehörigen der beiden Personengruppen. Weiterhin werden selbstständig oder freiberuflich tätige Personen, Berufssportler und Künstler beraten sowie im Bereich des Personalaustausches / intercorporate transfers (ICT-Karte). Die Betreuung erfolgt in mehreren Sprachen, überwiegend jedoch in Englisch. Für weitere Informationen über das Service-Center steht Frau Sabine Ufholz (Email: migration.kvr@muenchen.de) zur Verfügung.

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