Ausländische Studierende als Fachkräfte von morgen

Stand: 15.03.2023

Deutsche Hochschulen als Eingangstor für qualifizierte Zuwanderinnen und Zuwanderer? Mehr als ein Drittel der ausländischen Studierenden aus Nicht-EU-Staaten bleibt langfristig in Deutschland[1]. Deutsche Unternehmen sollten daher die Augen nach dieser vielversprechenden Zielgruppe offenhalten, wenn es um die Besetzung offener Stellen geht. Was es beim Arbeitsmarktzugang zu beachten gibt, erfahren Sie in diesem Artikel.

Überblick: Ausländische Studierende in Deutschland

Deutschland ist weltweit eines der attraktivsten Studienländer für ausländische Studierende – auch wegen des vergleichsweisen guten Zugangs zum Arbeitsmarkt während und nach dem Studium. Im Wintersemester 2021/22 waren nach Angaben des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) 349.438 ausländische Studierende, welche ihren Schulabschluss im Ausland erworben haben[2], an deutschen Hochschulen eingeschrieben.[3]

Schaut man dabei auf die Wahl der Studienfächer, so sind die Ingenieurwissenschaften mit 145.707 ausländischen Studierenden (entspricht einem Anteil von rund 42%) die mit Abstand beliebteste Fächergruppe, gefolgt von den Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (25%) und Mathematik und Naturwissenschaften (11%). Der im Vergleich zu deutschen Studierenden höhere Anteil der MINT-Abschlüsse sowie das im Vergleich zu deutschen Absolventinnen und Absolventen überdurchschnittliche Qualifikationsniveau (beispielsweise durch einen Masterabschluss oder Promotion) dürften in Anbetracht der Fachkräfteengpässe für deutsche Unternehmen von besonderem Interesse sein.[4]

 

© Make it in Germany / BMWK

Fachkräftepotenzial für deutsche Arbeitgeber

Die Gruppe der ausländischen Studierenden in Deutschland kann für Unternehmen bei der Besetzung offener Stellen einen wichtigen Beitrag leisten. Um erfolgreich und gezielt zu rekrutieren, sollten Arbeitgeber sich die Vorteile dieser Gruppe bewusst machen. Insbesondere gilt für diese spezifische Zielgruppe:

  • Die Akademikerinnen und Akademiker bringen einen qualifizierten deutschen Hochschulabschluss mit und es ist für eine Beschäftigung als Fachkraft in Deutschland weder eine Zeugnisbewertung noch eine Anerkennung erforderlich.
  • Die Absolventinnen und Absolventen verfügen zumeist über gute Deutschkenntnisse und sind neben ihrer fachlichen Qualifikation bereits mit kulturellen Facetten Deutschlands vertraut.
  • Viele von ihnen haben den Wunsch, aus beruflichen bzw. privaten Gründen langfristig in Deutschland zu bleiben.[5]
  • Sie bringen neue Perspektiven und interkulturelle Kompetenzen sowie ggf. internationale Kontakte mit.
  • Unternehmen können bei der Rekrutierung im Inland (im Vergleich zur Rekrutierung im Ausland) wertvolle Zeit sparen, da sich die Zielgruppe bereits in Deutschland befindet. Das erleichtert nicht nur ein persönliches Kennenlernen, sondern erspart auch den Termin bei der deutschen Auslandsvertretung. 

Hochschule: Türöffner für ausländische Fachkräfte

Bisher kommt die größte Gruppe der zugewanderten Akademikerinnen und Akademiker erst nach ihrem Studium nach Deutschland.[6] Unter denjenigen, die bereits für ihr Studium in Deutschland sind, bleiben jedoch viele im Land.

Daten des Statistischen Bundesamtes[7] zu Studierenden aus Nicht-EU-Staaten, welche im Zeitraum 2006-2021 erstmalig eine Aufenthaltserlaubnis für ein Studium in Deutschland erhalten haben, zeigen:

  • Fast die Hälfte (48%) dieser Studierenden verbleibt nach fünf Jahren weiterhin in Deutschland, nach zehn Jahren sind es noch mehr als ein Drittel (38%).
  • Unter den Ländern, aus denen die meisten ausländischen Studierenden stammen, hat Russland mit 48% (nach zehn Jahren) eine besonders hohe Bleibequote, gefolgt von China mit 29%.
  • Unter denjenigen, die nach zehn Jahren weiterhin in Deutschland lebten, hatten ca. ein Drittel (32%) einen Aufenthaltstitel zu Erwerbszwecken. Viele ehemalige ausländische Studierende in Deutschland lassen sich darüber hinaus einbürgern oder bleiben aus familiären Gründen im Land.

Darüber hinaus geben Daten des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge für das Jahr 2021 Aufschluss über die „Statuswechsel“ von Personen aus Drittstaaten, die zuvor einen Aufenthaltstitel zum Studium besaßen und in einen Aufenthaltstitel zur Erwerbsmigration (d.h. Beschäftigung, Selbstständigkeit, Forschung und Arbeitsplatzsuche) wechselten. 36% der ehemaligen Studierenden wechselten in einen Aufenthaltstitel zur Arbeitsplatzsuche, und jeweils 28% erhielten eine „Blaue Karte EU“ für Hochqualifizierte oder eine Aufenthaltserlaubnis zur Aufnahme einer qualifizierten Beschäftigung.[8]

Arbeitsmarktzugang nach dem Studium in Deutschland

Doch wie gestaltet sich der Übergang vom Studium in den Arbeitsmarkt? Nach erfolgreichem Studienabschluss steht ausländischen Hochschulabsolventinnen und -absolventen die Möglichkeit offen, sich in Deutschland eine Arbeitsstelle zu suchen.

Akademikerinnen und Akademiker aus der EU und EWR sind aufgrund der EU-Freizügigkeit deutschen Arbeitssuchenden gleichgestellt. Sie benötigen daher keine besondere Erlaubnis, um auf dem deutschen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.

Absolventinnen und Absolventen aus Drittstaaten haben die Möglichkeit, im Anschluss an das Studium eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Arbeitsplatzsuche zu beantragen. Die Ausländerbehörde erteilt diese für bis zu 18 Monate.

Beachten Sie

Bei der Aufenthaltserlaubnis zur Arbeitsplatzsuche im Anschluss an das Studium in Deutschland muss eine längerfristige Beschäftigung als Fachkraft gesucht werden. Während die Hochschulabsolventinnen und -absolventen auf der Arbeitsplatzsuche sind, dürfen sie jedoch jede Beschäftigung ausüben – anders als Personen, die direkt (ohne unmittelbaren Anschluss an ein Studium in Deutschland) aus Drittstaaten mit einem Visum zur Arbeitsplatzsuche nach Deutschland einreisen.

Sobald ein qualifiziertes Jobangebot vorliegt, kann die Akademikerin oder der Akademiker eine Aufenthaltserlaubnis zum Arbeiten für Fachkräfte beziehungsweise eine Blaue Karte EU beantragen und damit auch den längerfristigen Aufenthalt sichern.

Internationale Studentin mit Rucksack in Berlin
© franz12 – stock.adobe.com

Arbeitsmarktzugang während des Studiums in Deutschland

Auch schon während des Studiums können ausländische Studierende Einblicke in den deutschen Arbeitsmarkt erhalten, berufliche Kontakte knüpfen und praktisches Know-how erlangen[9]. Dafür gelten folgende Regelungen:

  • Studierende aus der EU, dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) und der Schweiz dürfen, wie deutsche Studierende, bis zu 20 Stunden pro Woche in der Vorlesungszeit arbeiten. In den Semesterferien können sie uneingeschränkt arbeiten.
  • Studierende aus Drittstaaten, die sich mit einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Studiums in Deutschland aufhalten, dürfen während ihres Studiums 120 volle oder 240 halbe Tage im Jahr arbeiten sowie studentische Nebentätigkeiten ausüben. Dafür ist keine Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit erforderlich.
  • Auch eine selbstständige Tätigkeit ist während des Studiums für ausländische Studierende möglich. Diese bedarf allerdings bei Studierenden aus Drittstaaten einer Zustimmung der zuständigen Ausländerbehörde.

Infobox: Wechselmöglichkeiten bei Abbruch des Studiums

Studierende aus Drittstaaten, die ihr Studium ohne Abschluss vorzeitig beenden, haben folgende Möglichkeiten:

Wechsel in eine Ausbildung: Internationale Studierende haben die Möglichkeit in eine qualifizierte Berufsausbildung zu wechseln, sofern Sie diese Aufenthaltserlaubnis rechtzeitig bei der Ausländerbehörde beantragen.

Aufnahme einer Vollzeitbeschäftigung: Wenn die bisher erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten sie dazu befähigen und ein konkretes Jobangebot vorliegt, können internationale Studierende auch vor Abschluss des Studiums in eine Beschäftigung wechseln. Eine entsprechende Aufenthaltserlaubnis wird auf Antrag bei der zuständigen Ausländerbehörde für die Aufnahme der Beschäftigung erteilt. In Betracht kommen hier eine Aufenthaltserlaubnis für die Beschäftigung als Fachkraft, eine Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung mit ausgeprägten berufspraktischen Kenntnissen nach § 19c Absatz 2 AufenthG oder Aufenthaltserlaubnisse, auf deren Erteilung ein Anspruch besteht, wie z.B. die Blaue Karte EU.

Langfristige Perspektiven für ausländische Absolventinnen und Absolventen deutscher Hochschulen

Ausländische Absolventinnen und Absolventen deutscher Hochschulen haben nicht nur einen schnelleren Zugang zum Arbeitsmarkt, sondern auch langfristig gute Chancen in Deutschland zu leben.

Neben einer Anstellung in einem Unternehmen profitieren ausländische Hochschulabsolventinnen und -absolventen von weiteren Vorteilen:

  • Niederlassungserlaubnis: Absolventinnen und Absolventen deutscher Hochschulen können bereits nach zwei Jahren in einer qualifizierten Beschäftigung in Deutschland eine Niederlassungserlaubnis beantragen.
  • Selbstständigkeit: Je nachdem, welche Form der Selbstständigkeit angestrebt wird, kann eine Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit an Gewerbetreibende und Freiberuflerinnen und Freiberufler erteilt werden. Auch aus der selbstständigen Tätigkeit ist der Wechsel in eine Niederlassungserlaubnis möglich.

Weitere Informationen auf dem Portal

  • Perspektiven nach dem Studium.
  • Weitere Details zu den verschiedenen Aufenthaltstiteln für Akademikerinnen und Akademiker finden Sie auf „Make it in Germany“ in der Rubrik „Visum“, zum Beispiel mit dem Quick-Check.

Quellenangaben

[1] Statistisches Bundesamt (DESTATIS) (2022), Ein Drittel der internationalen Studierenden bleibt langfristig in Deutschland. Pressemitteilung Nr. 435 vom 12.10.2022.
[2] Der DAAD bezeichnet diese Gruppe (in anderen Quellen oft auch „Bildungsausländer“ genannt) als „internationale Studierende“. Sie verfügen über eine ausländische Staatsbürgerschaft und haben ihre Hochschulzugangsberechtigung im Ausland erworben oder ihre im Ausland erworbene schulische Qualifikation durch ein deutsches Studienkolleg ergänzt.
[3] DAAD/DZHW (2023): Wissenschaft weltoffen kompakt 2023. Daten und Fakten zur Internationalität von Studium und Forschung in Deutschland und weltweit. Bielefeld.

[4] iwd – Der Informationsdienst des Instituts der deutschen Wirtschaft (2022), Hochschule: Türöffner für ausländische Fachkräfte.
[5] Vgl. DAAD (2022), Internationale Studierende in Deutschland zum Studienerfolg begleiten.
[6] iwd – Der Informationsdienst des Instituts der deutschen Wirtschaft (2022), Hochschule: Türöffner für ausländische Fachkräfte.
[7] Statistisches Bundesamt (DESTATIS) (2022), Ein Drittel der internationalen Studierenden bleibt langfristig in Deutschland. Pressemitteilung Nr. 435 vom 12.10.2022.
[8] Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (2022), Monitoring zur Bildungs- und Erwerbsmigration: Erteilung von Aufenthaltstiteln an Drittstaatsangehörige. Jahresbericht 2021.

[9] Detaillierte Informationen zu Karrierewegen von ausländischen Studierenden erhalten Sie auf dem DAAD-Portal „Study in Germany“: https://www.study-in-germany.de/de/deutschland/karriere/nach-dem-studium/.

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