Berufssprachkurse: Ein Interview mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF)

Stand: 25.09.2023

Anna Lüffe ist im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, gemeinsam mit ihrem Kollegen Daniel Dwars, für die operative Umsetzung der Berufssprachkurse zuständig. Sie werden hierbei von einem Team von rd. 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die sich auf die Standorte Berlin, Hamburg, Köln, Nürnberg und Stuttgart verteilen, unterstützt. Sie selbst sind am Standort Köln beheimatet.

1. Welche Bedeutung haben Sprachkenntnisse für die Integration Neuzugewanderter – insbesondere mit Blick auf die Erwerbsmigration?

Frau Lüffe, BAMF: Sprachkenntnisse sind der Schlüssel für die Integration. Dies gilt nicht nur für die Integration in den Alltag, sondern in ganz besonderem Maße auch für die berufliche Integration. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um eine Helfertätigkeit oder um eine Person in leitender Funktion handelt. Alle benötigen für die Ausübung ihres Berufs Deutschkenntnisse, die sich jedoch vom Niveau und von der fachlichen Ausrichtung her unterscheiden. 
Im Laufe der vielen Jahre, in denen ich mich jetzt mit berufsbezogener Deutschförderung beschäftige, musste ich immer wieder feststellen, dass Zugewanderte mit nicht ausreichenden Deutschkenntnissen im Beruf gescheitert sind, obwohl sie fachlich über hervorragende Kenntnisse verfügten. Diesem Phänomen kommt auch bei der Fachkräftegewinnung aus dem Ausland eine ganz besondere Bedeutung zu. Zugewanderte, die mit einem B1-Zertifikat nach Deutschland einreisen, müssen ihre Deutschkenntnisse in Deutschland festigen und ausbauen, um im Beruf dauerhaft Fuß fassen zu können. Darüber hinaus soll durch die Förderung auch eine qualifikationsadäquate Beschäftigung gelingen. 

2. Welche Aktivitäten führt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im Bereich Sprache durch?

Frau Lüffe, BAMF: Das Bundesamt setzt mit der bundesweiten und flächendeckenden Umsetzung der Integrations- und Berufssprachkurse den überwiegenden Teil an gesetzlich geförderten Sprachkursen um. Die Integrationskurse dienen dem allgemeinsprachlichen Spracherwerb bis B1, die Berufssprachkurse knüpfen in der Regel an die Integrationskurse an und dienen der sprachlichen Vorbereitung auf dem Arbeitsmarkt. 
Das Bundesamt organisiert und koordiniert die Berufssprachkurse im gesamten Bundesgebiet. Die Kurse selbst werden von zugelassenen und qualifizierten Trägern umgesetzt. Darüber hinaus arbeiten wir aber auch ständig an der Weiterentwicklung des Angebots, indem wir neue Konzepte erstellen. Zurzeit arbeiten wir zum Beispiel an der Konzeptionierung eines Kurses, der sich an Erziehende im Anerkennungsverfahren richtet. Der Kurs vermittelt dann passgenau die Sprachkenntnisse, die Erziehende in ihrem täglichen Job benötigen und stellt ebenfalls einen Baustein im Rahmen der Anerkennung des Berufsabschlusses dar.  Es geht hier also nicht darum, ein höheres Sprachniveau zu erreichen, sondern um die Vermittlung von Fachsprache.

Einen ganz besonderen Weg sind wir in den letzten Jahren bei der Sprachförderung für Auszubildende gegangen. Im Rahmen einer Pilotierung haben Kursträger und Berufsschule gemeinsam Konzepte entwickelt, die sich an den sprachlichen Anforderungen in der Berufsschule orientiert haben, um den Auszubildenden eine auf den jeweiligen Ausbildungsberuf ausgerichtete Sprachförderung zu ermöglichen.

Internationale Gruppe in einem Integrationskurs
© iStock.com/alvarez

3. Wer kann von der Förderung der Berufssprachkurse profitieren?

Frau Lüffe, BAMF: Die Berufssprachkurse richten sich sowohl an Beschäftigte, Menschen in der Ausbildung, im Anerkennungsverfahren und auch an Menschen, die arbeitslos bzw. arbeitssuchend gemeldet sind. Für die unterschiedlichen Zielgruppen hat das Bundesamt verschiedene Kurstypen konzipiert, die sich an den jeweiligen Anforderungen und Bedürfnissen ausrichten. Insgesamt gibt es elf verschiedene Kurstypen, die alle ein unterschiedliches Ziel verfolgen. Die Teilnahme an den Kursen wird finanziell vom Bund gefördert. In welchem Umfang dies geschieht, hängt von den Voraussetzungen der Teilnehmenden ab.

4. Wie können Sie konkret Unternehmen beim Spracherwerb ihrer internationalen Fachkräfte unterstützen?

Frau Lüffe, BAMF: Spracherwerb neben dem Beruf ist immer eine besondere Herausforderung. Die bestehenden Regelangebote sind für Beschäftigte oftmals nicht nutzbar, weil sie einfach von der zeitlichen Lage her nicht passen. Im Bundesamt arbeiten rund 100 bundesweit eingesetzte Außendienstmitarbeitende, die Betriebe bei der Organisation eines passenden Sprachkurses beraten und unterstützen. Dies beginnt mit der Auswahl eines geeigneten Sprachkursträgers und geht über die Ausgestaltung des Kurses bis zur Planung der zeitlichen Lage des Kurses. Auch die Auswahl des Kursortes spielt hierbei eine Rolle. Kurse, die in Zusammenarbeit mit einem Unternehmen umgesetzt werden, können übrigens auch in den Räumlichkeiten des Unternehmens stattfinden. Sehr gute Erfahrungen haben wir auch mit Kursen in hybrider Form, also einer Kombination aus Präsenzunterricht und dem virtuellen Klassenzimmer, gemacht. Diese Form gibt uns die Flexibilität, die wir bei der Planung von individuell zugeschnittenen Maßnahmen einfach auch brauchen. Natürlich sind auch rein virtuelle Maßnahmen möglich.
Zu beachten ist hierbei, dass wir immer eine gewisse Mindestanzahl an Teilnehmenden benötigen. Das sind in der Regel sieben Personen bei Start des Kurses. Hinzu kommt, dass die berufsbezogene Sprachförderung ein gewisses Mindestniveau an Deutschkennnissen voraussetzt. Bei der Sprachförderung des Bundes werden diese Grundlagen im Integrationskurs gelegt.

5. Haben Sie Tipps für Unternehmen, die neue Mitarbeitende beim Deutschlernen und allgemein bei der Integration unterstützen möchten?

Frau Lüffe, BAMF: Der Unterstützung des Arbeitgebers kommt eine ganz besondere Bedeutung zu und ist somit enorm wichtig für den Erfolg. Unternehmen sollten ihren Mitarbeitenden Zeit und Raum geben, um Deutsch zu erlernen. Spracherwerb benötigt Zeit und geschieht nicht, weil im Umfeld alle anderen Deutsch sprechen. Entscheidend ist ein systematischer Spracherwerb, der von fachlich qualifizierten und erfahrenen Dozierenden vermittelt wird. Ideal wäre daher eine Freistellung zum Besuch des Deutschkurses. Aber auch die Schaffung eines geeigneten Lernumfelds zur Teilnahme an einem virtuellen Kurs ist sehr hilfreich. Dies kann zum Beispiel ein Rechnerplatz im Unternehmen in ungestörtem Umfeld sein. 
Besonders motivierend ist für Teilnehmende auch, wenn Vorgesetzte Interesse an dem Deutschkurs zeigen. Und wie in jedem anderen Bereich auch, natürlich Lob für die bereits erreichten Fortschritte.


Wir bedanken uns für das Gespräch!
Besuchen Sie auch die Website des BAMF für mehr Informationen über Aufbau und Kosten von Berufssprachkursen.

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