Fachkräfteeinwanderung mit dem beschleunigten Fachkräfteverfahren – Wie funktioniert es?
Stand: 28.03.2022
Mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz wurde ein neues Instrument zur Unterstützung einer schnelleren Einreise von ausländischen Fachkräften geschaffen: das beschleunigte Fachkräfteverfahren (§ 81a AufenthG). Arbeitgeber in Deutschland können auf diese Weise das Anerkennungs- und Visumverfahren ihrer ausländischen Fachkräfte verkürzen. Zwei Jahre nach der Einführung des Verfahrens gibt es erste Erfahrungen und es lohnt sich eine Reflexion seiner Funktionsweise und behördlichen Praxis.
Ausgangslage: Warum das beschleunigte Fachkräfteverfahren?
Das beschleunigte Fachkräfteverfahren nach § 81a AufenthG ist eine Verfahrensoption für Arbeitgeber zur Beschleunigung der Einreise von ausländischen Fachkräften durch schnellere Verfahren zur Berufsanerkennung, Zustimmung zur Beschäftigung sowie zur Visumerteilung. Für Arbeitgeber ist die schnelle Durchführung dieser Vorgänge ein Hauptanliegen im Prozess der Auslandsrekrutierung. In der Vergangenheit wurde beklagt, dass die behördlichen Verfahren zur Einreise von Fachkräften oft zu lange dauern. Vor allem die Visumerteilung bei Fachkräften aus visumpflichtigen Ländern war in bestimmten deutschen Auslandsvertretungen wegen eingeschränkter Ressourcen oft verzögert[1].
Mit dem beschleunigten Fachkräfteverfahren wird somit nicht nur der Weg für qualifizierte Fachkräfte aus Drittstaaten vereinfacht, sondern es bietet auch deutschen Unternehmen einen planbaren Einreiseprozess: Die Dauer des Verwaltungsverfahrens wird durch gesetzlich festgelegte Fristen verkürzt und der Arbeitgeber wird durch die zuständige Behörde in Deutschland betreut.
Für folgende Personengruppen aus Drittstaaten ist das beschleunigte Fachkräfteverfahren möglich:
Fachkräfte mit Berufsausbildung
Fachkräfte mit akademischer Ausbildung
Auszubildende, die eine betriebliche Ausbildung in Deutschland anstreben
Berufsschülerinnen und -schüler, wenn eine Anschlusstätigkeit nach Absolvierung der schulischen Ausbildung nachgewiesen wird
Fachkräfte, die für Qualifizierungsmaßnahmen zur Berufsanerkennung einreisen
Forschungspersonal
IT-Fachkräfte ohne formale Qualifikation, aber mit berufspraktischen Erfahrungen
Durchführung des beschleunigten Verfahrens: Wie funktioniert es?
Mit dem Vorliegen eines konkreten Arbeitsvertrags und einer Vollmacht der ausländischen Fachkraft können Arbeitgeber das beschleunigte Verfahren bei der Ausländerbehörde in Deutschland einleiten (siehe Abbildung 1). Je nach Bundesland wurde entweder eine zentrale Stelle eingerichtet, die sich um das Verfahren kümmert oder die jeweilige örtlich zuständige Ausländerbehörde übernimmt dies. Welche Behörden in den Bundesländern für die Durchführung des Verfahrens zuständig sind, kann auf „Make it in Germany“ erfahren werden.
Abbildung 1: Idealtypischer Ablauf des beschleunigten Fachkräfteverfahrens
Arbeitgeber sollten sich daher an die in dem jeweiligen Bundesland für das Verfahren zuständige Ausländerbehörde wenden. Die Ausländerbehörde ist dabei die Schnittstelle zwischen den Verfahrensbeteiligten (Arbeitgeber, Anerkennungsstelle, Arbeitsverwaltung, Auslandsvertretung) und hat umfassende Beratungsaufgaben gegenüber dem Arbeitgeber. In der Praxis kooperieren viele zuständige Behörden mit bereits existierenden und gut aufgestellten regionalen Strukturen wie dem IQ Netzwerk zu Anerkennungsfragen oder auch den regionalen Welcome Centern. Bei der Durchführung des Fachkräfteverfahrens sind, wie in der Abbildung 1 gezeigt, folgende Schritte wichtig:
Abschluss einer Vereinbarung: Die Ausländerbehörde und der Arbeitgeber schließen eine Vereinbarung, die die Verpflichtungen des Arbeitgebers, die der Fachkraft und aller ansonsten am Verfahren Beteiligter beinhaltet. Darüber hinaus erhält der Arbeitgeber eine Beschreibung der Abläufe, einschließlich der Nennung der Beteiligten, der beizubringenden Nachweise und der Fristen.
Info-Box
Für das beschleunigte Fachkräfteverfahren wird eine Gebühr von 411 Euro erhoben. Diese ist beim Abschluss der Vereinbarung mit der Ausländerbehörde zu bezahlen. Es handelt sich um eine Servicegebühr und kann daher nicht erstattet werden.
Anerkennungsverfahren: Nach Abschluss der Vereinbarung mit dem Arbeitgeber leitet die Ausländerbehörde das Verfahren zur Gleichwertigkeitsprüfung bzw. Anerkennung der ausländischen Qualifikation bei der zuständigen Anerkennungsstelle ein. Die Anerkennungsstelle soll innerhalb von zwei Monaten nach Vollständigkeit der Antragsunterlagen über die Berufsanerkennung entscheiden.
Zustimmung zur Beschäftigung: Abhängig davon, wie das Anerkennungsverfahren ausfällt, stellt die Ausländerbehörde einen Antrag bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) zur Zustimmung der beabsichtigten Beschäftigung in Deutschland. Bei einer vollen und teilweisen Anerkennung der ausländischen Qualifikation kann die Zustimmung zur Beschäftigung angefordert werden. Wenn die BA nach einer Woche keine Nachfrage oder Nachforderungen veranlasst, gilt die Zustimmung als erteilt.
Vorabzustimmung zum Visum: Wenn alle Voraussetzungen (u.a. ggf. Zustimmung der BA und Anerkennung der ausländischen Qualifikation sowie ggf. Zusage der Berufsausübungserlaubnis) erfüllt sind, wird dem Arbeitgeber eine sogenannte Vorabzustimmung zum Visum ausgehändigt, welche an die Fachkraft im Ausland weitergeleitet wird. Darüber hinaus speichert die Ausländerbehörde die Vorabzustimmung zum Visum in digitaler Form im Ausländerzentralregister (AZR) und stellt sie somit der zuständigen Auslandsvertretung zur Verfügung.
Visumverfahren im Ausland: Nach Erhalt der Vorabzustimmung bucht die ausländische Fachkraft einen Termin bei der Auslandsvertretung zur Beantragung des Visums, der innerhalb von drei Wochen stattfindet. Die Fachkraft muss bei diesem Termin das Original der Vorabzustimmung mit den weiteren für den Visumantrag nötigen Unterlagen vorlegen. Nachdem der vollständige Visumantrag von der Fachkraft gestellt wurde, wird in der Regel innerhalb von weiteren drei Wochen über diesen entschieden.
Insgesamt kann das beschleunigte Fachkräfteverfahren unter Berücksichtigung der verschiedenen Verfahrensschritte und den damit verbindlichen Fristen ca. 4 Monate dauern.
Tipps für Arbeitgeber zur beschleunigten Auslandrekrutierung
Arbeitgeber, die erwägen, das beschleunigte Fachkräfteverfahren für die Einreise von neu rekrutiertem Personal aus Drittstaaten zu beantragen, müssen im gesamten Prozess selbst aktiv sein. Der erste Schritt ist ein Beratungsgespräch mit der zuständigen Ausländerbehörde. Um bestens darauf vorbereitet zu sein, können Arbeitgeber folgende Aspekte berücksichtigen.
Vorabinformation zum Anerkennungsverfahren: Eine Fachkraft aus einem Drittstaat benötigt für eine qualifizierte Beschäftigung in Deutschland eine Berufsqualifikation, die sie dazu befähigt, den angestrebten Beruf in Deutschland auszuüben. Liegt eine ausländische Qualifikation vor, muss geprüft werden, ob eine Anerkennung bzw. Gleichwertigkeitsprüfung in Deutschland notwendig ist. Informationen zum Anerkennungsverfahren sind zum Beispiel auf dem Portal Anerkennung in Deutschland aufrufbar.
Vorabinformation zu Visaregelungen: Ob eine Fachkraft ein Visum für die Einreise nach Deutschland benötigt, hängt von ihrer Nationalität ab. Damit die Fachkraft direkt nach der Einreise beschäftigt werden darf, muss diese bereits das richtige Visum im Ausland beantragen. Arbeitgeber können sich zu den verschiedenen Arten von Visa für Fachkräfte und Auszubildende auf dem Portal „Make it in Germany“ informieren.
Vorbereitung der Unterlagen und Dokumente: Die Durchführung des beschleunigten Fachkräfteverfahrens erfordert eine Vielzahl an Unterlagen. Zu Beginn müssen unter anderem die Vollmacht der ausländischen Fachkraft sowie Angaben zu ihrer Identität und Qualifikation vorliegen. Arbeitgeber sollten im Vorfeld bei der zukünftigen Fachkraft die benötigten Dokumente anfordern bzw. vorbereiten. Auf der Website „Make it in Germany“ sind alle für das Verfahren erforderlichen Formulare inkl. Muster-Vereinbarung und -Vollmacht verfügbar.
Bezahlung der Gebühren: Im gesamten Einwanderungsprozess entstehen Kosten und Gebühren, die bezahlt werden müssen. Die meisten Kosten, zum Beispiel für das Anerkennungsverfahren (je nach Beruf, zwischen 100 und 600 Euro) und das Visumverfahren (75 Euro in lokaler Währung), werden von der ausländischen Fachkraft getragen. Zusätzlich entsteht für die Beantragung des beschleunigten Verfahrens eine Gebühr in Höhe von 411 Euro. Gesetzlich gilt die ausländische Fachkraft als Gebührenschuldnerin bzw. -schuldner. Da Arbeitgeber jedoch auch ein Eigeninteresse an der beschleunigten Einreise der Fachkräfte haben, können sie ihnen entgegenkommen, indem sie eine Kostenübernahme anbieten.
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Eine Ausländerbehörde (oder Ausländeramt) ist eine Behörde, die zur Aufgabe hat, das Aufenthaltsgesetz auszuführen und den Rechtsstatus von Zuwanderinnen und Zuwanderern zu klären. Ausländerbehörden gibt es in der Regel in jedem Landkreis bzw. jeder kreisfreien Stadt.
Ein Bundesland (oft auch nur „Land“) ist ein Gliedstaat mit eigenem Parlament (Landtag), eigener Verfassung und Regierung sowie teilweise eigenen Gesetzen. Die Ausübung der gesamten Staatsgewalt teilt sich im Sinne des Föderalismus auf den Bund und die Bundesländer auf. Die Bundesrepublik Deutschland besteht aus 16 Bundesländern.
Fachkraft
Gemäß § 18 Abs. 3 AufenthG ist eine Fachkraft eine Person mit der Staatsangehörigkeit eines Drittstaates, die eine der folgenden Bedingungen erfüllt:
Abschluss einer qualifizierten Berufsausbildung bzw. eines Hochschulstudiums in Deutschland; oder
Abschluss einer qualifizierten Berufsausbildung bzw. eines Hochschulstudiums im Ausland, die gleichwertig/vergleichbar mit einer deutschen Berufsausbildung bzw. einem deutschen Hochschulstudium sind.
Beachten Sie: Der Begriff „Fachkraft“ bzw. „Fachkräfte“ auf Make it in Germany“ ist nicht systematisch mit der gesetzlichen Definition nach § 18 AufenthG gleichzusetzen.
Berufsqualifikation
Berufsqualifikation bezeichnet die intellektuellen und sozialen Fähigkeiten, die erforderlich sind, um einen bestimmten Beruf ausüben zu können.
Die Bundesagentur für Arbeit (kurz: BA) ist für Bürgerinnen und Bürger wie auch für Unternehmen Ansprechpartner bei Fragen rund um den Arbeits- und Ausbildungsmarkt. Die BA übernimmt unter anderem die Vermittlung in Ausbildungs- und Arbeitsstellen.
Als Drittstaaten werden Länder bezeichnet, die außerhalb eines internationalen Vertrages oder einer Gemeinschaft (wie zum Beispiel der Europäischen Union) stehen.
Die Berufsausübungserlaubnis umfasst die rechtliche Befugnis zur Berufsausübung sowie die Erteilung der Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung. Bei Drittstaatsangehörigen, die in reglementierten Berufen arbeiten möchten, muss eine Berufsausübungserlaubnis vorliegen, bevor eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Beschäftigung erteilt werden kann.
Eine Vorabzustimmung zum Visum wird nach erfolgreicher Durchführung des beschleunigten Fachkräfteverfahrens ausgestellt. Mit dieser Vorabzustimmung erhält die ausländische Fachkraft bei der zuständigen Auslandsvertretung (Botschaft oder Konsulat) schneller einen Termin zur Visumantragstellung sowie eine Entscheidung über den Antrag innerhalb einer vorgegebenen Frist (i.d.R. drei Wochen).
Die Vorabzustimmung zum Visum ist ab Datum der Ausstellung in der Regel für drei Monate gültig.
Im Anerkennungsverfahren (auch „Gleichwertigkeitsprüfung“ genannt) wird durch die zuständige Prüfungsstelle geprüft, ob die ausländische Berufsqualifikation mit einem deutschen Referenzberuf gleichwertig ist. Der Prüfungszeitraum beträgt in der Regel drei bis vier Monate. Ist die Prüfung abgeschlossen, wird ein Bescheid mit dem Prüfungsergebnis („volle Anerkennung“, „teilweise Anerkennung“ oder „keine Anerkennung“) ausgestellt.
Gleichwertigkeitsprüfung
Siehe „Anerkennungsverfahren“.
Qualifizierte Beschäftigung
Zur Ausübung einer qualifizierten Beschäftigung sind Fähigkeiten und Kenntnisse erforderlich, die in einem Studium oder einer qualifizierten Berufsausbildung gewonnen wurden.
Visum
Ein Visum berechtigt den Inhaber, in ein anderes Land einzureisen oder durch ein anderes Land zu reisen. In Deutschland benötigen Drittstaatsangehörige eine solche Aufenthaltsgenehmigung; für EU- und einige andere Länder gelten Ausnahmen. Je nach Aufenthaltszweck und -dauer gibt es verschiedene Arten von Visa. Verantwortlich für die Erteilung sind die deutschen Auslandsvertretungen.