Ausländische Pflegekräfte für den deutschen Arbeitsmarkt gewinnen

Stand: 28.12.2021

Die Fachkräfteengpässe in der Pflege nehmen seit Jahren zu. Zunehmend wird in der Branche auf ausländische Pflegekräfte gesetzt, insbesondere auch aus Nicht-EU-Staaten – sie übersteigen mittlerweile die Zahl der Pflegekräfte aus EU-Staaten. Im aktuellen Newsletter zeigen wir auf, welche Möglichkeiten Arbeitgeber haben, um das Fachkräfte- und Nachwuchspotential im Ausland zu nutzen und was sie dabei beachten müssen.

Die Arbeitsmarktsituation in der Pflege

Mehr freie Stellen als arbeitslose Pflegefachkräfte

Die Statistiken der Bundesagentur für Arbeit (BA) zeigen, was viele Kranken- und Pflegeeinrichtungen schon längst spüren: es gibt unverkennbare berufliche Engpässe in der Pflege. Die BA ordnet sowohl die Berufe in der Kranken- als auch in der Altenpflege als Engpassberufe ein – und zwar in allen deutschen Bundesländern[1].

Während es auf Helferniveau mehr Arbeitslose als freie Stellen gibt, stellt sich die Situation auf Ebene der Fachkräfte umgekehrt dar. Die Zahl der arbeitslosen Fachkräfte im Verhältnis zu den ihrer Qualifikation entsprechenden offenen Stellen ist in den letzten Jahren deutlich gesunken. 2020 waren nur 47 arbeitslose Krankenpflegekräfte auf 100 ihrer Qualifikation entsprechende offene Stellen registriert, während es 2014 noch 80 Arbeitslose gewesen waren. In der Altenpflege ist der Wert in diesem Zeitraum von 38 auf nur noch 26 arbeitslose Pflegekräfte je 100 gemeldete Stellen gesunken[2].

Steigender Anteil ausländischer Fachkräfte

Im Zuge der sich verschärfenden Engpässe wird in der Pflegebranche zunehmend auf ausländische Arbeitskräfte gesetzt. Ihr Anteil lag im Jahr 2020 bei den Altenpflegekräften mit 15 % (91.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte) etwas höher als in der Krankenpflege (9 % bzw. 103.000 Beschäftigte). In der Pflege insgesamt waren es rund 11%. In beiden Bereichen ist in den letzten fünf Jahren ein deutlicher Anstieg erkennbar (vgl. Abbildung). 

 

Ausländische Pflegekräfte

Die Top 5 Herkunftsländer der in Deutschland tätigen ausländischen Pflegekräfte waren 2020 Polen, Bosnien und Herzegowina, die Türkei, Kroatien sowie Rumänien[3]. Im Hinblick auf die Herkunftsregionen zeigt sich insbesondere die hohe Bedeutung der Nicht-EU-Staaten: Prozentual liegt der Anteil der Pflegekräfte aus Ländern außerhalb der EU an allen ausländischen Pflegekräften bei circa 60 Prozent (Stand: März 2021)[4]Zudem wurden von Januar bis Oktober 2021 bereits mehr Krankenpflegekräfte aus Drittstaaten (24,4 Tsd.) zur Arbeitsaufnahme zugelassen als im gesamten Jahr 2020 (23,1 Tsd.)[5].

Rekrutierungswege ausländischer Pflegekräfte

Um ausländisches Fachpersonal in der Pflege zu finden, gibt es grundsätzlich zwei Strategien:

  • Arbeitgeber können ihre Nachwuchskräfte selbst ausbilden. Dabei müssen sie die Bestimmungen für Auszubildende aus dem Ausland beachten.
  • Zum anderen können sie im Ausland nach fertig ausgebildeten Fachkräften suchen. Hierbei ist vor allem darauf zu achten, welche Unterschiede es in den Ausbildungssystemen und -inhalten der Länder gibt.

Auszubildende aus dem Ausland einstellen: welche Bestimmungen gelten?

Für die Ausbildung zur Pflegefachfrau bzw. -mann gelten spezielle Anforderungen an die ausländischen Bewerberinnen und Bewerber:

  • Mittlerer Schulabschluss,
  • Deutschkenntnisse: abhängig vom Bundesland, in dem die Ausbildung erfolgt, müssen Deutschkenntnisse auf dem Niveau B2 oder B1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen (GER) nachgewiesen werden,
  • Gesundheitliche Eignung: Bescheinigung eines deutschen Arztes über die körperliche und geistige Gesundheit, die für den Beruf erforderlich ist (kann nach Einreise erfolgen),
  • Polizeiliches Führungszeugnis: um die Vertrauenswürdigkeit nachzuweisen, wird ein Führungszeugnis aus der Heimat oder von der deutschen Polizei verlangt.

Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen

(Künftige) Auszubildende aus EU- bzw. EWR-Staaten können ohne eine besondere Aufenthaltserlaubnis nach Deutschland kommen und ihre Ausbildung hier antreten. Personen aus Drittstaaten benötigen ein Visum bzw. eine Aufenthaltserlaubnis zum Absolvieren einer Berufsausbildung nach § 16a AufenthG. Befinden sich die Drittstaatsangehörigen noch im Ausland, müssen sie für die Einreise nach Deutschland ein Visum bei der zuständigen deutschen Auslandsvertretung beantragen.

Für die Erteilung des Visums bzw. der Aufenthaltserlaubnis zum Absolvieren einer Berufsausbildung müssen folgende, über die oben genannten Anforderungen zur Ausbildung hinausgehende, Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Nachweis des Ausbildungsplatzes, 
  • Sicherung des Lebensunterhaltes: Die Antragstellenden müssen nachweisen, dass sie ihren Lebensunterhalt sichern können. Dabei wird die Ausbildungsvergütung in Betracht gezogen. Die Richtwerte für einen als gesichert geltenden Unterhalt werden jährlich angepasst und veröffentlicht. Aktuell gilt der Lebensunterhalt eines Auszubildenden als gesichert, wenn das Brutto-Ausbildungsgehalt mindestens 939 Euro beträgt. Fehlbeträge können durch Sachleistungen wie eine kostenlose Unterkunft oder Eigenmittel gedeckt werden.

Info-Box: Zustimmung durch die Bundesagentur für Arbeit

Bei einer betrieblichen Berufsausbildung prüft die BA im Visumverfahren zwei weitere Aspekte: erstens, ob die Ausbildungsbedingungen denen von deutschen Auszubildenden entsprechen. Zweitens wird eine sogenannte Vorrangprüfung absolviert, bei welcher festgestellt wird, ob vorrangige Bewerberinnen oder Bewerber aus Deutschland oder der EU für den Ausbildungsplatz in Frage kommen.

Ausgebildete Pflegekräfte aus dem Ausland einstellen: was gibt es zu beachten?

Bei der Rekrutierung bereits ausgebildeter Pflegekräfte aus dem Ausland müssen die Bewerberinnen und Bewerber folgende Anforderungen erfüllen:

  • Anerkennung der ausländischen Berufsqualifikation: Die zuständige Anerkennungsstelle in Deutschland muss prüfen, ob die ausländische Berufsqualifikation – welche auch ein Studienabschluss sein kann – gleichwertig mit dem entsprechenden deutschen Referenzberuf ist.
  • Berufsausübungserlaubnis: Der Beruf der Pflegefachkraft ist in Deutschland reglementiert. Wer hier in Pflegeberufen arbeiten möchte, benötigt daher eine staatliche Zulassung zur Berufsausübung. In der Regel müssen dafür folgende formale Anforderungen erfüllt sein:
    • Deutschkenntnisse: Je nach Bundesland Kenntnisse auf dem Niveau B2 oder B1 des GER,
    • Gesundheitliche Eignung für den Beruf: Bescheinigung eines deutschen Arztes,
    • Polizeiliches Führungszeugnis: als Nachweis der Straffreiheit und Vertrauenswürdigkeit.

Info-Box: Anwerbe- und Vermittlungsverbote - Was Arbeitgeber beachten müssen.

Es gibt eine Reihe von Staaten, für die die Weltgesundheitsorganisation WHO einen kritischen Mangel an Gesundheitspersonal festgestellt und empfohlen hat, aus diesen Ländern nicht aktiv Gesundheits- und Pflegepersonal rekrutieren. Laut  §  38 BeschV darf die Anwerbung aus diesen Ländern nach Deutschland nur durch die Bundesagentur für Arbeit durchgeführt werden – Arbeitgeber oder private Agenturen dürfen nicht selbst aktiv in diesen Ländern auf Personalsuche gehen. Allerdings können einzelne Pflegefachkräfte aus diesen Ländern beschäftigt werden, wenn sie sich aus eigener Initiative um eine konkrete qualifizierte Stelle in Deutschland bemühen.

In der Anlage zu § 38 ist die aktuelle WHO-Liste zu finden, auf der sich Ende 2021 47 Staaten befinden.

Visum/Aufenthaltserlaubnis für Drittstaatsangehörige

Für Staatsangehörige eines Staates außerhalb dem EU-/EWR Raum ist ein Aufenthaltstitel erforderlich, um der Beschäftigung als Pflegekraft nachzugehen. Abhängig vom Ergebnis des Anerkennungsverfahrens haben die ausländischen Pflegekräfte zwei Optionen:

  • Visum zum Arbeiten für Fachkräfte: Wenn die ausländische Berufsqualifikation vollständig anerkannt und die Erteilung einer Berufsausübungserlaubnis durch die zuständige Behörde in Deutschland zugesagt wurde, können Pflegekräfte aus Drittstaaten ein Visum bzw. eine Aufenthaltserlaubnis zur Aufnahme einer qualifizierten Beschäftigung nach § 18a AufenthG beantragen. Die Erteilung des Visums setzt voraus, dass die Antragsteller neben den fachlichen Anforderungen (volle Anerkennung und Berufszulassungserlaubnis) einen konkreten Arbeitsplatz als Pflegekraft in Deutschland gefunden haben.
  • Visum zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen: Wenn das Verfahren Berufsanerkennung eine teilweise Anerkennung zum Ergebnis hat und damit eine Anpassungsqualifizierung in Deutschland erfolgen kann, ist ein Aufenthaltstitel zum Zweck der Anerkennung einer ausländischen Berufsqualifikation nach § 16d AufenthG erforderlich. Für das Visum bzw. die Aufenthaltserlaubnis nach § 16d AufenthG sind folgende Voraussetzungen notwendig: 

Info-Box: Einreise zur Arbeitsplatzsuche

Pflegekräfte aus Drittstaaten, die eine volle Anerkennung und eine deutsche Berufsausübungserlaubnis, aber noch keine konkrete Arbeitsstelle in Deutschland gefunden haben, können zur Arbeitsplatzsuche nach Deutschland einreisen.

Erfolgreiche Auslandsrekrutierung: Unterstützung und wichtige Anlaufstellen

Statt einzelne Pflegekräfte eigenständig mühsam im Ausland zu suchen, unterstützen viele Anlaufstellen Unternehmen dabei, ihre Vakanzen in der Pflege effektiv zu besetzen und auch die neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Betrieb einzuarbeiten und zu integrieren. Im Folgenden finden Sie eine Auswahl an Anlaufstellen und aktuellen Projekten.

  • Interessierte Arbeitgeber können sich bei der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der Bundesagentur für Arbeit informieren. Dort finden sie auch Informationen über das Projekt Triple Win , welches die Vermittlung von Pflegefachkräften aus Tunesien, Bosnien-Herzegowina und den Philippinen nach Deutschland unterstützt. Kürzlich wurden neue Vermittlungsabsprachen mit Indonesien[6] sowie dem indischen Bundesstaat Kerala getroffen[7]. Zudem werden junge Menschen aus Vietnam mit Vorerfahrungen in der Pflege in eine Pflegeausbildung in Deutschland vermittelt.
  • Das Förderprogramm „Faire Anwerbung Pflege“ unterstützt Arbeitgeber bei der Anwerbung von Pflegefachkräften aus Lateinamerika und Asien. Informationen erhalten Sie auf der Seite des „Projektträger Jülich“.
  • Im Jahr 2019 wurde die Deutsche Fachkräfteagentur für Gesundheits- und Pflegeberufe (DeFa) als Ergebnis der „Konzertierten Aktion Pflege“ des Bundesministeriums für Gesundheit eingerichtet. Die DeFa agiert als Lotse für Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen und Personalserviceagenturen und unterstützt die Prozesse zur Berufsanerkennung, Arbeitsmarktzulassung und Einreise von Pflegefachkräften aus Drittstaaten.

Weitere Informationen auf „Make it in Germany“


[1] Bundesagentur für Arbeit, Engpassanalyse 2021, verfügbar unter: https://statistik.arbeitsagentur.de/Statistikdaten/Detail/202012/arbeitsmarktberichte/fachkraefte-engpassanalyse/fachkraefte-engpassanalyse-dl-0-202012-zip.zip?__blob=publicationFile&v=4.

[2] Arbeitslosen-Stellen-Relation, Statistik der Bundesagentur für Arbeit in: Blickpunkt Arbeitsmarkt: Arbeitsmarktsituation im Pflegebereich, verfügbar unter: https://statistik.arbeitsagentur.de/DE/Statischer-Content/Statistiken/Themen-im-Fokus/Berufe/Generische-Publikationen/Altenpflege.pdf?__blob=publicationFile&v=11.

[3] Bundesagentur für Arbeit 2021, Blickpunkt Arbeitsmarkt: Arbeitsmarktsituation im Pflegebereich, verfügbar unter: https://statistik.arbeitsagentur.de/SiteGlobals/Forms/Suche/Einzelheftsuche_Formular.html;jsessionid=A9D960A81EB65FB24EEC34FCCF6C118F?nn=27096&topic_f=fachkraefte-engpassanalyse.

[4] Mediendienst Integration, Factsheet: Zuwanderung von Pflegekräften und Ärztinnen & Ärzten, verfügbar unter: https://mediendienst-integration.de/fileadmin/Dateien/Pflege_Fachkraefte_Ausland_Mediendienst_Factsheet_neu_2021.pdf.

[5] Mediendienst Integration, Factsheet: Zuwanderung von Pflegekräften und Ärztinnen & Ärzten, verfügbar unter: https://mediendienst-integration.de/fileadmin/Dateien/Pflege_Fachkraefte_Ausland_Mediendienst_Factsheet_neu_2021.pdf; Daten der BA.

[6] Bundesagentur für Arbeit: Pressemitteilung vom 27.08.2021, verfügbar unter: https://www.arbeitsagentur.de/presse/2021-30-pflegekraefte-vermittlungsabsprache-indonesien.

[7] Bundesagentur für Arbeit: Pressemitteilung vom 02.12.2021, verfügbar unter: https://www.arbeitsagentur.de/presse/2021-42-bundesagentur-fuer-arbeit-unterzeichnet-vermittlungsabsprache-mit-dem-indischen-bundesstaat-kerala.

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